Bald, im Sommer, werde ich glücklich sein

Malik saß alleine. Neben ihm ragten die Fassaden seines kurzen Lebens auf und erstrahlten im goldenen Licht einer untergehenden Frühlingssonne. Als Malik sich ihnen zuwandte, knarrte das Sofa unter ihm. Es war diese Bewegung nicht mehr gewohnt. Malik stand auf und strich die Rücken der Bände und Hefte entlang, bis er den vertrauten Druck von Plastik, kaum merklich Buchstaben in ihm eingelassen, unter seinen Händen spürte. Der Bildschirm sprang flackernd an und Malik schrieb seinen letzten Satz. Dann wandte er sich ab, ging hinaus in den dunklen Hausflur und schloss die Tür hinter sich. Draußen erwartete ihn das Licht und für einen Moment blinzelte er um der ungewohnten Helligkeit, aber seine Augen gewöhnten sich schnell daran. Er warf sich seine Jacke über die Schulter und folgte dem Fußweg in die Stadt. Er brauchte nur eine halbe Stunde, mit der Bahn wäre es schneller gegangen, aber er genoss die frische Luft, und nun stand er vor dem weißen Gebäude. Er schlüpfte in seine Jacke, zog die alte Socke über den Kopf, griff zu seiner Waffe und stürmte in das Bankgebäude.

Eine einsame Wolke schob sich für eine Weile vor die Sonne, dann schien sie wieder ungehindert. Der Baum neben der Bank rauschte leise im Wind, während die Passanten weiter den alltäglichen Rhythmus eines vielköpfigen Ameisenstaates simulierten. Niemand achtete auf die entsetzten Gesichter, starr auf Maliks Sockenkopf gerichtet.

Dann, es waren nur ein paar Minuten, sprang Malik wieder hinaus. Er riss sich die Socke vom Kopf, griff in den schwarzen Beutel in seinen Händen und warf ein Bündel Scheine in die Höhe. Die meisten fielen unaufgeregt zu Boden, nur manche trug der Wind ein paar Meter weiter. Die Ameisen hatten angehalten und sahen ihn an. Malik stand still und kurz war sogar der Baum erstarrt. Dann brach er in lautes Lachen aus und lief die Straße entlang davon. Immer wieder flog das Geld durch die Luft.

Die Polizei fand ihn noch am selben Abend, er kicherte immer noch vor sich hin. Die Gefängnisstrafe war ungewöhnlich hoch, denn trotz allen Bitten seines Anwalts verwehrte sich Malik auf verminderte Zurechnungsfähigkeit zu plädieren. Malik richtete seine Augen stets auf die Männer hinter den hohen Tischen und antwortete direkt und ausführlich, nur eine Erklärung gab er nie.

Am ersten Tag in seiner Zelle war der Sommer angekommen und der Geruch von Leben strich durch das Fenster in den kargen Raum. Malik lag auf dem Rücken, behielt die Augen geschlossen und genoss die Geschichten, die der Wind zu ihm hereintrug. Er fragte nie nach einem Stift, um sie aufzuschreiben.

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